Sonnig, 30 Grad, leichter Wind. Fahrtechnisch wenig Aufregendes bei nur etwa 110 km Tagespensum, dafür aber erste Schritte durch die zweitgrößte Stadt Frankreichs und eine freudige Überraschung.
Der heutige Motorradausflug beschränkte sich auf die knapp zweistündige Überfahrt von Roumoules nach Marseilles. Die ein oder andere nette Kurve war dabei, erwähnenswert scheinen aber andere Dinge. Zum Beispiel ist uns ein Autokorso entgegen gekommen. Zugegeben das allein ist nicht spektakulär, aber die Tatsache, dass es sich dabei um wunderschöne Oldtimer handelte, hat uns dann doch den Atem verschlagen. Mit dabei waren u.A. ein älterer Mini mit Panoramadach, ein alter Fiat 500, evtl. ein Alpha Spider (der Herr meint einen gesehen zu haben, die Dame erkennt dieses Modell nicht zweifelsfrei und kann das also nur glauben) und mehrere Porsche. Die vielen Sticker auf den Wagen lassen drauf schließen, dass es sich um eine Oldtimer-Rallye handelte, die auch durch Peyrolles-de-Provence führte. Zufällig zur gleichen Zeit als wir dort durch die Allee gefahren sind. Die von Bäumen gesäumte Straße gefiel dem Herren besonders gut: „Das war die schönste Straße seit langem. Da fährt man so schön im Schatten.“
Viele verstehen den Reiz am Motorrad fahren nicht – gerade wenn man erzählt wie heiß es auf dem Motorrad gerne ist. Vergessen wir mal so Sachen wir Fahrgefühl, Kurvenlage oder Fahrspaß. Für die Dame ist Motorrad fahren etwas für die Sinne. Mal abgesehen von der Wahrnehmung des Fahrens selbst (Motorengeräusch, Fahrphysik, Kräftespiel) nimmt man auch seine Umwelt viel intensiver war. Zum einen fühlt ein Motorradfahrer wie sich das Klima ändert bzw. das Wetter umschlingt – kurz und in Extremen ausgedrückt: es ist heiß oder kalt. Aber auch die Luftfeuchtigkeit ist wahrzunehmen. Zum anderen bemerkt der Motorradfahrer die Veränderung des Umgebungsgeruchs. Im Gebiet der Hautes Alpes roch alles nach Blüten und grüner Natur. Seit wir die Verdunschlucht verlassen haben riecht die Luft trocken und nach mediterranem Bewuchs (ätherische Öle). So duftete es im Bereich einer Baustelle nach Rosmarin, da dort die Büsche am Straßenrand, darunter große Rosmarinbüsche, ausgerissen wurden. Seit ca. 10 km vor Marseille riecht es zusätzlich nach Meeresluft. Das alles bekommt man im Auto bei geschlossenem Fenster – sonst klappt’s mit der Klimaanlage ja nicht – einfach nicht mit. Natürlich hat die gesteigerte Wahrnehmung manchmal auch negative Seiten. Zum Beispiel auf der A51, als kurz nach Aix ein Auto auf die Autobahn aufgefahren ist, das ca. 3 m große (Durchmesser), schwarze Rauchwolken periodisch ausgestoßen hat, die auch noch bestialisch gestunken haben.
Im Hotel in Marseille angekommen – wir haben „nur“ einen kleinen Kreis um das Hotel abgefahren bevor wir es gefunden haben – sind wir mal wirklich positiv überrascht worden. Die hoteleigene Garage mit einzelnen abschließbaren Abteilen wirkt im Vergleich wie Kinderkram. Aufgrund von Überbuchung haben wir ein Zimmerupgrade bekommen. Wir haben also eine kleine Mini-Suite mit zwei Zimmern.
Danach haben wir uns per Pedes ins Zentrum des großen Stadtgebiets aufgemacht, dem Vieux Port (Alten Hafen). Die Dame musste natürlich erst mal ins Musée des Docks Romaines (Museum des antiken Hafens) und danach wollte der Herr auf die Festung St. Jean. Wegen der Hitze sind wir dann mehr oder weniger einstimmig mit dem „Le Petit Train“ („Dem Mini Tuk-Tuk-Touri-Zug“, so die Dame) “ zur Basilika Notre-Dame-de-La-Garde gefahren. Die Aussicht auf dem 162m hohen Berg ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Abends haben wir dann ein tunesisches Restaurant besucht – nicht wirklich einheimische Küche, aber irgendwie dann doch – und es nicht bereut: einfaches, aber sehr leckeres und authentisches Essen zu einem mehr als fairen Preis.
Angesichts der eintägigen Motorrad-Pause ist es Zeit ein erstes Resümee zu ziehen. Der Herr bedarf dringend einer Erholingspause, da „Kurven fahren anstrengend auf Dauer“ ist. Die Dame stellt einen Abfall der Konzentration beim Fahren fest. Leider sind auch erste Verluste zu beklagen. Eine Naht am Befestigungsriemen der Hecktasche des Herren ist bereis in Sisteron aufgegangen, wodurch die Befestigung nur noch per Knoten möglich ist, und der linke Stiefel der Dame reibt sich ab. Wie brutal schaltet sie nur?